Peter Claußnitzer, CTO bei Harro Höfliger, geht mit dem Begriff Innovation wohlüberlegt um: „Der inflationäre Umgang mit Modewörtern verwässert ihren Kern und degradiert sie zur Worthülse. Das meiste Neue ist nicht wirklich innovativ.“ Fortschrittlich, anders, erstrebenswert sind notwendige, aber keine hinreichenden Bedingungen für eine Innovation. Die, betont Peter Claußnitzer, verändert nämlich Grundlegendes. Als mögliches Beispiel in der nahen Zukunft nennt er die Technologie der Linear Motion Systems (LMS) wie beispielsweise Beckhoff XTS oder Magnemotion – Linearantriebssysteme mit voneinander unabhängig angetriebenen Werkstückträgern. Der Grund: „Der Einsatz dieser Transportsysteme verändert den Aufbau und die Philosophie einer Anlage grundsätzlich. Deshalb wäre ihr Einsatz eine echte Produktinnovation.“
„Neue Ansätze müssen in enger Abstimmung mit dem Kunden eingeführt werden. Denn der schätzt zwar Kreativität, mag aber keine negativen Überraschungen.“Thomas Weller, CEO
Als eine Organisationsinnovation, die sich bis in heutige Strukturen auswirkt, gilt die Einbindung eines „Apothekers“ in das Unternehmen. Die daraus entstandene Abteilung „Pharma Services“ bei Harro Höfliger ist die Basis für viele erfolgreiche Projekte und ein Garant für mehr Prozesssicherheit. Die Pharma-Services-Experten begleiten die Kunden bei der Auswahl, Entwicklung und Optimierung der Prozesse von der Zuführung bis hin zur Verpackung. Am Anfang steht die Charakterisierung wirkstoffhaltiger Original-Formulierungen und die Ermittlung des optimalen Dosierprinzips mithilfe einer vergleichenden Produktdatenbank. Kritische Prozesse werden bereits im Vorfeld mittels Testaufbauten gesichert und geprüft. In Reinräumen besteht schließlich die Möglichkeit, die neue Anlage mit Original-Produkt unter den späteren Umgebungsbedingungen zu betreiben. Harro Höfliger baut damit nicht nur Maschinen, sondern ist bereits in der Entwicklungsphase von neuen Medikamenten eingebunden.
Jenseits der Tagesroutine entstehen laufend Ideen rund um Maschinen, Anlagen und Prozesse. Damit diese nicht verlorengehen, hat Achim Wolf am Stammsitz Allmersbach im Tal die Abteilung EIS (Engineering & Innovation Services) aufgebaut. Deren Aufgabe ist es, den Prozess von der Idee bis zur Marktreife zu systematisieren, zu strukturieren und effizient zu gestalten. So landen Ideen mit Innovationspotenzial nicht in irgendeiner Schublade, sondern werden in einem geregelten Prozess über mehrere Phasen konsequent vorangetrieben.
„Das meiste Neue ist nicht wirklich innovativ. Eine echte Innovation verändert nämlich Grundlegendes.“Peter Claußnitzer, CTO
Innovationsmanagement als systematischer Prozess mit transparenten Entscheidungen und engem Projektcontrolling ist ein Baustein von Harro Höfligers Strategie 2020. CEO Thomas Weller erläutert: „Unsere Kunden kommen zu uns, weil sie wissen, dass wir als Technologieführer für ihre Aufgabe die passende Lösung finden – auch jenseits ausgetretener Pfade.“ Deshalb ist es unumgänglich, dass jeder Trend im Markt frühzeitig erkannt und analysiert wird. Allerdings müssen, betont Thomas Weller, „neue Ansätze in enger Abstimmung mit den Kunden eingeführt werden. Denn der Kunde schätzt zwar Kreativität, mag aber keine negativen Überraschungen.“ Der Schlüssel dazu liegt in der sogenannten Co-Innovation mit dem Kunden. Für Peter Claußnitzer ist das der Routinefall bei Harro Höfliger: „Viele gute Lösungsansätze entstehen gemeinsam mit unseren Kunden. Wir schaukeln uns zur Spitzenleistung hoch.“
Über 1.000 tüchtige Tüftler
Achim Wolf leitet das Team Innovationsmanagement bei Harro Höfliger. Ein Gespräch über Aufgaben, Anforderungen und Erfolge.
Was ist die Aufgabe Ihres Teams, Herr Wolf?
Wir sind als erste Anlaufstelle die Möglichmacher für eine Idee. Schließlich hat unser Unternehmen weit über 1.000 tüchtige Tüftler auf seiner Payroll – jeder von ihnen kann mit seiner zündenden Idee zu uns kommen. Im ersten Schritt sorgen wir dafür, dass kein Geistesblitz verlorengeht. Schließlich kann hinter jedem Einfall eine echte Innovation stehen.
Sie sorgen also auch für einen geregelten Prozess?
In vier Schritten kanalisieren wir den Fluss von der Idee zur Innovation. Zunächst prüft ein interdisziplinäres Team die Vorhabenstauglichkeit einer Idee. Diese Expertise nimmt der Innovationssteuerkreis als Grundlage dafür, ob eine Idee in einem Projekt weiterverfolgt wird. Wenn dann im nächsten Schritt die Funktionstauglichkeit bewiesen wird, entscheidet der Steuerkreis, ob und in welchem Anwendungskontext die Idee weiterentwickelt werden soll. Danach wird festgelegt, für welche Maschine eine neue Technologie passen kann beziehungsweise für welche Zielkunden die Innovation in Frage kommt.
Wie begleiten Sie den Urheber auf diesem Weg?
In der klassischen Rolle als Coach machen wir den Weg frei. Wir setzen Prioritäten, schaffen die notwendigen Ressourcen und sorgen für eine durchgängige Kommunikation zum Projektstatus. Mit uneingeschränkter Rückendeckung der Geschäftsleitung können wir auch weitere Mitarbeiter identifizieren, die zu passender Gelegenheit als Promotoren beteiligt sind. Nicht zuletzt
machen wir Entscheidungen transparent und sorgen für ein enges Projektcontrolling.
Gibt es Beispiele, bei denen sich das Innovationsmanagement schon bewährt hat?
Der XTray, ein universelles Konzept für die Bereitstellung von chirurgischem Nahtmaterial, gehört dazu. Ebenso ist unser DiscFiller – eine Tischeinheit, mit der innerhalb eines
Dosiertakts bis zu 60 Kavitäten einer Disc mit Inhalationspulver befüllt werden können – das Ergebnis unseres engagierten Innovationsmanagements.
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Fotos: Janine Kyofsky, Tom Philippi, Bernd Schifferdecker