KNOW-HOW  

Das geht unter die Haut

Auto­in­jek­toren sind ein einfa­cher und sicherer Weg der Selbst­be­hand­lung und haben der klas­si­schen Spritze längst den Rang abgelaufen.

Orfeo Nieder­mann, Busi­ness Deve­lo­p­ment Director der Ypsomed AG, arbeitet seit 2005 gemeinsam mit Part­nern aus der Pharma­ und Biotechnolo­giebranche an der Entwick­lung innova­tiver Injek­ti­ons­sys­teme zur Selbst­be­hand­lung. Im Inter­view mit HARRO spricht er über die Trends in diesem Bereich.

Herr Nieder­mann, wie kam es zur Entwick­lung von Selbstinjektions-Systemen?

Vor 20 bis 30 Jahren waren Thera­pien, die eine Selbst­me­di­ka­tion per Spritze vorsahen, für Pati­enten sehr aufwändig und kompli­ziert. Das Aufziehen einer Spritze aus einem Fläsch­chen und das Ablesen der korrekten Dosis sind darüber hinaus anfällig für Fehler. Je nach Krank­heits­bild kann die Bedie­nung einer Spritze für den Pati­enten auch nicht mehr möglich sein, etwa aufgrund moto­ri­scher Einschrän­kung, wie sie beispiels­weise bei Rheu­ma­ti­scher Arthritis auftritt. Moderne Injek­ti­ons­sys­teme wie Auto- und Penin­jek­toren sind deut­lich einfa­cher, ange­nehmer und zuver­läs­siger in der Anwen­dung. Herr Nieder­mann, beschreiben Sie bitte die Anwen­dungs- und Funk­ti­ons­weise eines Autoinjektors.

So entsteht der YpsoMate ®

Die zwölf Einzel­teile des Ypso­Mate ® werden bei Ypsomed in der Schweiz zu zwei Baugruppen vormon­tiert. Die Endmon­tage, bei der die vordere und hintere Baugruppe des Injek­tors mit der wirk­s­toffhal­tigen Spritze verhei­ratet werden, geschieht in der Regel beim Kunden. Seit diesem Jahr bietet Ypsomed einen Endmon­ta­ge­ser­vice in Burg­dorf an. Harro Höfliger liefert passende Maschi­nen­lö­sungen für beide Montagestufen.

Beschreiben Sie die Anwen­dungs- und Funk­ti­ons­weise eines Autoinjektors.

Auto­in­jek­toren sind Injek­ti­ons­ge­räte, in deren Inneren eine Spritze verbaut ist. Der Inhalt der Spritze wird durch Auslösen einer vorge­spannten Feder in wenigen Sekunden verab­reicht. Bei unserem Ypso­Mate ® Auto­in­jektor erfolgt die Bedie­nung in zwei einfa­chen Schritten. Der Patient zieht die Schutz­kappe ab und drückt den Injektor auf die Haut. Ein Klicken signa­li­siert den Beginn des nahezu schmerz­freien Injek­ti­ons­vor­gangs über eine kurze, dünne Nadel in die subku­tane Fett­schicht. Ein zweites Klicken­be­deutet das Ende der Injek­tion. Die Nadel des Auto­in­jek­tors ist vor, während und nach der Medi­ka­tion abge­schirmt. Das schützt den Anwender und Dritte vor unab­sicht­li­chen Verletzungen.

Welche Medi­ka­mente werden damit verabreicht?

Typi­scher­weise werden mit Auto­in­jek­toren moderne, biotech­no­lo­gisch herge­stellte Medi­ka­mente verab­reicht – beispiels­weise gegen Entzün­dungs­krank­heiten, wie Rheu­ma­ti­sche Arthritis, Multiple Skle­rose oder Asthma. Das am häufigsten selbst zu inji­zie­rende Medi­ka­ment ist Insulin bei Diabe­tes­er­kran­kungen. Dafür werden meist Pen­Injektoren mit einstell­barer Dosis verwendet, die den Wirk­stoff in einer Karpule statt einer Spritze bevor­raten und bis zur voll­stän­digen Entlee­rung der Karpule mehr­mals einge­setzt werden.

„Nadel­frei gleich schmerz­frei ist ein Trug­schluss.“Orfeo Nieder­mann, Busi­ness Deve­lo­p­ment Director, Ypsomed AG

Kann daran abge­leitet werden, in welchen Regionen der Erde Pen- oder Auto­in­jek­toren verwendet werden?

In Asien nimmt die Zahl der Diabe­tes­er­kran­kungen aufgrund sich ändernder Lebens­weisen zu. Somit steigt der Bedarf an Pen-Injek­toren. In Europa und den USA wächst die Anzahl an deut­lich teureren und seltener zu verab­rei­chenden Biotech-Medi­ka­menten. Und damit die Nach­frage nach einfach zu bedie­nenden Autoinjektoren.

Könnte die Nadel über kurz oder lang auch ersetzt werden?

Nadel­freie Appli­ka­ti­ons­sys­teme wurden bereits vor 20 Jahren entwi­ckelt. Fragt man Pati­enten, ob sie ein Medi­ka­ment lieber mit Nadel oder nadel­frei verab­reicht bekommen möchten, werden sie sich gegen die Nadel entscheiden. Zumin­dest bis sie eine nadel­freie Injek­tion das erste Mal selbst auspro­biert haben. „Nadel­frei“ bedeutet, dass der flüs­sige Strahl des mit Hoch­druck abge­ge­benen Medi­ka­mentes die Haut durch­dringt und dabei mehr Nerven­enden trifft, als es eine dünne, scharfe Nadel tut. Nadel­frei gleich schmerz­frei ist daher ein Trug­schluss. Ich sehe die nadel­ba­sierten Injek­ti­ons­ge­räte inso­fern nicht gefährdet, im Gegen­teil: Der Bedarf wächst konti­nu­ier­lich. Die Trends zur weiteren Entwick­lung sehe ich in Rich­tung smarter Injektionsgeräte.

Der Smart­Pilot von Ypsomed ist ein Beispiel eines smarten Injek­ti­ons­ge­rätes. Dieses wieder­ver­wend­bare Add-on für den Ypso­Mate® trans­for­miert den Auto­in­jektor in ein mit dem Internet verbun­denes Gerät.

Was bedeutet smartes Injek­ti­ons­gerät konkret?

Smarte Injek­toren sind digital vernetzt. Sie können beispiels­weise erkennen, ob sie vom Pati­enten korrekt bedient werden. Sie können thera­pie­re­le­vante Daten wie die verab­reichte Dosis und den Injek­ti­ons­zeit­punkt aufzeichnen und mittels eines verbun­denen Smart­phones dem Arzt zugäng­lich machen. Der Smart­Pilot von Ypsomed ist ein Beispiel eines smarten Injek­ti­ons­ge­rätes. Dieses wieder­ver­wend­bare Add­on für den Ypso­Mate ® trans­for­miert den Auto­in­jektor in ein mit dem Internet verbun­denes Gerät, welches zahl­reiche Möglich­keiten zur weiteren Opti­mie­rung der Therapie erlaubt.

Wie läuft die Entwick­lung und Produk­tion eines Injek­tors ab? Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?

Im Vorfeld der Entwick­lung klären wir verschie­dene Frage­stel­lungen zu Pati­en­ten­an­for­de­rungen und Kunden­an­sprü­chen. Diverse tech­ni­sche Konzepte werden entworfen und bewertet. Das viel­ver­spre­chendste wird schließ­lich als Produkt umge­setzt. Die vorge­se­hene hoch­au­to­ma­ti­sierte Produk­tion wird von Anfang an in der Entwick­lung berück­sich­tigt, um die gewünschten Funk­tionen und geringe Kosten im neuen Produkt zu gewähr­leisten. Die Erfah­rung der Mitar­beiter, opti­mierte Prozesse und eine moderne Infra­struktur sind weitere zentrale Faktoren. Ein Auto­in­jektor entsteht aus Kunst­stoff-Spritz­guss­teilen und Federn, welche voll­au­to­ma­tisch bei Ypsomed zu zwei Baugruppen montiert werden. Die beiden Baugrup­pen­ele­mente werden anschlie­ßend zum Phar­ma­un­ter­nehmen oder einem Lohn­ab­füller gelie­fert. In die vordere Baugruppe wird die wirk­stoff­hal­tige Spritze einge­setzt und mit der hinteren, das Feder­paket beinhal­tenden Baugruppe verheiratet.

Was erwarten Ihre Kunden von dem Produkt, das sie von Ihnen beziehen?

Die Injek­toren müssen mit konstant hoher Qualität produ­ziert werden und absolut zuver­lässig funk­tio­nieren. Für unsere Kunden ist es außerdem wichtig, sich vom Wett­be­werber zu unter­scheiden. Unsere Produkte erlauben es den Phar­ma­firmen die äußere Form oder Farbe eines Injek­tors indi­vi­duell zu gestalten. Dabei bleibt die Ypsomed Platt­form­tech­no­logie gleich, was eine kurze Projekt­dauer und geringe Kosten gewährleistet.

Über Ypsomed

Die Ypsomed AG mit Haupt­sitz in Burg­dorf (Schweiz) ist die führende, unab­hän­gige Entwick­lerin und Herstel­lerin von nutzer­freund­li­chen Injek­ti­ons­sys­temen zur Selbst­be­hand­lung. Mit inno­va­tiven Produkten aus Schweizer Ferti­gung wie Pens, Auto­in­jek­toren und groß­vo­lu­migen Patchin­jek­toren erfüllt die Ypsomed AG alle Ansprüche, die Phar­ma­un­ter­nehmen an die Selbst­in­jek­tion stellen.

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Fotos: Ypsomed AG,Helmar Lünig