STRATEGIE  

Digi­ta­li­sie­rung: Gezielt Mehr­wert schaffen

„Viel hilft viel“ gilt weder in der Medizin noch bei der Digi­ta­li­sie­rung. Digi­tale Lösungen ­müssen präzise dort ansetzen, wo der Schuh drückt. Die Soft­ware­platt­form Pexcite bietet smarte Lösungen, von denen die Produk­tion der Phar­ma­kunden wirk­lich profi­tieren kann. Harro Höfliger steu­erte bisher zwei wich­tige Anwen­dungen bei – und stellte dafür die Arbeits­weise des Soft­ware-Teams komplett um.

Kaum ein Thema steht so für Schnel­lig­keit wie die Digi­ta­li­sie­rung. Die digi­tale Transfor­mation soll helfen, Prozesse zu beschleu­nigen und effi­zi­enter zu machen – und das am besten sofort. Aber wie heißt es so schön: Wenn du es eilig hast, gehe langsam. Simon Schnait­mann, Depart­ment Leader Digital Solu­tions beim Customer Service von Harro ­Höfliger, erklärt: „Der Wandel erfor­dert Planung und Geduld. Lang­fristig schaffen nur maßge­schnei­derte, auf die Branche zuge­schnit­tene Lösungen einen mess­baren Mehr­wert. Die Idee einer zentralen Platt­form, die Kunden genau das bietet, ist daher der rich­tige Weg.“

Gebün­deltes Expertenwissen

Entwi­ckelt wurde die Soft­ware­platt­form Pexcite von dem Excel­lence United Partner Uhlmann Pac-Systeme. Die offene Platt­form ermög­licht die einfache Inte­gra­tion unab­hän­giger und branchen­übergreifender Lösungen und die umfas­sende Konnek­ti­vität verschie­dener Maschinen, unab­hängig vom Hersteller. So sorgt sie für sichere Produktionsprozesse.

Hinter dem offenen System steckt die Idee, eine Viel­zahl smarter Lösungen von Maschi­nen­bauern, Zulie­fe­rern, Phar­mazeuten und anderen Prozess­be­tei­ligten zu bündeln. Benutzer profi­tieren so einer­seits von Know-how-­getra­genen digi­talen Lösungen bran­chen­af­finer Partner und ande­rer­seits vom Komfort und der Einfach­heit einer einheit­li­chen Benutzeroberfläche.

Tobias Miunske, Account Manager Digital Solu­tions bei Harro Höfliger, erklärt das System am eigenen Beispiel: „Als Maschi­nen­bauer kennen wir unsere Maschinen am besten, genau wie die spezi­fi­schen Anfor­de­rungen und Wünsche unserer Kunden. Mit diesem Wissen und unserer Erfah­rung im Phar­m­a­um­feld haben wir zwei Anwen­dungen entwi­ckelt, die jetzt Bestand­teil der Pexcite-Platt­form sind.“

Simon Schnait­mann, Depart­ment Leader Digital Solu­tions, und Tobias Miunske, Account Manager Digital Solu­tions (von links)

Viele Produkt­va­ri­anten? Kein Problem!

Eine Lösung, die die Soft­ware-Spezia­listen von Harro Höfliger ausge­tüf­telt haben, ist der Produc­tion Order Manager. Fabian Elsässer, Director Engi­nee­ring and Tech­nical Services bei Harro Höfliger, erläu­tert: „Bei hoher Produkt­va­rianz auf einer Maschine ist es erfor­der­lich, für jeden neuen Produk­ti­ons­auf­trag die entspre­chenden Infor­ma­tionen per Hand an der Maschine einzu­stellen. Das ist fehler­anfällig, und Fehler bei der Produk­tion kommen unsere Kunden teuer zu stehen. Mit digi­talen Tools und Schnitt­stellen versu­chen wir, den Bedie­ner­ein­fluss zu redu­zieren, wo es möglich ist. Mit dem Produc­tion Order Manager ist uns das gelungen.“

Die Appli­ka­tion ermög­licht die zentrale Planung von Produk­ti­ons­auf­trägen. Die manu­elle Weiter­gabe und Eingabe von Infor­ma­tionen über die HMI entfällt, die Verwen­dung der rich­tigen Mate­ria­lien wird sicher­ge­stellt. Der Maschi­nen­be­diener kann flexibel Vorlagen mit hinter­legten Produkt­pa­ra­me­tern erstellen und sie auf digi­talem Weg direkt zur Maschine über­tragen. Einmal hinter­legte Aufträge sind jeder­zeit repro­du­zierbar. Das System erkennt dabei Einga­be­fehler, was die Produk­ti­ons­si­cher­heit zusätz­lich erhöht. Der Bediener hat zudem alle notwen­digen Infor­ma­tionen im Blick, die er zur Vorbe­rei­tung und Durch­füh­rung der Produk­tion benötigt.

„Fehler bei der Produk­tion kommen unsere Kunden teuer zu stehen. Mit dem Produc­tion Order Manager redu­zieren wir den Bedie­ner­ein­fluss, wo es geht.“Fabian Elsässer, Director Engi­nee­ring and Tech­nical Services bei Harro Höfliger

Wartung lernen

Die zweite Lösung von Harro Höfliger, die zum Start von Pexcite veröf­fent­licht wurde, ist der Main­ten­ance Manager. Die Appli­ka­tion unter­stützt die Planung, Durch­füh­rung, Archi­vie­rung und Opti­mie­rung von Wartungen und hilft so, Maschi­nen­still­stände zu vermeiden. Luise Räuchle, Product Manager für die digi­talen Lösungen bei Harro Höfliger, erklärt: „Bisher über­geben wir Wartungs­pläne für unsere Maschinen noch auf Papier, aber das soll sich ändern. Im Main­ten­ance Manager sind sie digital hinter­legt und lassen sich ganz einfach verwalten.“

Anste­hende Wartungen und die dafür notwen­digen Infor­ma­tionen werden auto­ma­tisch ange­zeigt. Das Wartungsper­sonal kann orts­un­ab­hängig von ver­schiedenen Endge­räten aus auf Erläu­te­rungen, Fotos und andere Infor­ma­tionen zu den notwen­digen Wartungs­schritten zugreifen.

Räuchle: „Ein weiterer Vorteil der Appli­ka­tion ist, dass neue Infor­ma­tionen und Erkennt­nisse jeder­zeit ergänzt werden können. Der Bediener kann beispiels­weise Wartungs­in­ter­valle erfah­rungs­ba­siert anpassen und so für die Zukunft sicher­stellen, dass ein Wartungs­schritt nur dann durch­ge­führt wird, wenn er tatsäch­lich notwendig ist. Der Main­ten­ance Manager spei­chert diese Infor­ma­tion und lernt anhand der histo­ri­schen und aktuell verfüg­baren Daten. Damit ist ein wich­tiger Schritt von der präven­tiven hin zur prädik­tiven Instand­hal­tung von Maschinen getan.“

Umdenken und agiler handeln

Um Produkte wie den Main­ten­ance ­Manager und den Produc­tion Order ­Manager über­haupt entwi­ckeln zu können, wurde die Soft­ware­ent­wick­lung bei ­Harro Höfliger komplett umstruk­tu­riert. ­Fabian Elsässer erklärt: „Digi­ta­li­sie­rung erfor­dert Agilität bei der Entwick­lung von Lösungen. Klas­si­sches Projekt- und Anfor­de­rungs­ma­nage­ment kostet zu viel Zeit. Die Entwick­lungen kommen häufig zu spät oder gehen an den sich ständig verän­dernden Markt­an­for­de­rungen vorbei. Wir arbeiten daher seit 2019 mit drei Scrum-Teams, die schnell, flexibel und kunden­ori­en­tiert agieren können. Durch das Einbinden unserer Kunden erhalten wir direktes Feed­back in der Produktentwicklung.“

Luise Räuchle, Product Manager Digital Solu­tions, und Fabian Elsässer, Director Engi­nee­ring and Tech­nical Services (von links)

Was ist Scrum?

Scrum ist eine agile Methode für die Soft­ware­ent­wick­lung und das Projekt­ma­nage­ment. Eine klare Rollen­ver­tei­lung, feste Zustän­dig­keiten und Events inner­halb eines Soft­ware­pro­jekts sollen eine konstante Wert­stei­ge­rung der Produkte sicher­stellen. Im Mittel­punkt von Scrum steht das Team, das sich selbst orga­ni­siert. Es ist inter­dis­zi­plinär zusam­men­ge­setzt, sodass alle für die Umset­zung einer Produkt­idee rele­vanten Kompe­tenzen zusammenkommen.

Der Scrum-Master sorgt für die reibungs­lose Orga­ni­sa­tion des Entwick­lungs­pro­zesses und besei­tigt even­tu­elle Hinder­nisse. Der Produkt­ver­ant­wort­liche, der soge­nannte Product Owner, sammelt, defi­niert und prio­ri­siert Anfor­de­rungen von Kunden, dem Markt und dem Vertrieb.

„Der Main­ten­ance Manager lernt anhand der histo­ri­schen und aktuell verfüg­baren Daten. Damit ist der erste Schritt hin zur prädik­tiven Instand­hal­tung getan.“Luise Räuchle, Product Manager Digital Solu­tions bei Harro Höfliger 

Bei Harro Höfliger über­nimmt derzeit Luise Räuchle diese Aufgabe, sie erklärt: „Ich stelle dem Entwick­ler­team die Idee für ein neues Produkt vor und erkläre, welchen Mehr­wert es den Kunden bringen soll. Auf soge­nannten Story-Cards werden die Idee sowie Elemente, Merk­male und Funk­tionen des Produkts fest­ge­halten.“ Daraus entsteht das soge­nannte Product Backlog. Dabei handelt es sich um eine Samm­lung sämt­li­cher Anfor­de­rungen, Funk­tionen und Merk­male, die das Produkt aus Sicht des Anwen­ders haben soll.

Auf die Plätze, fertig, los

Tobias Miunske erklärt weiter: „Die Mitglieder des Entwick­ler­teams arbeiten dann in Zwei-Wochen-Entwick­lungs­zy­klen, den soge­nannten Sprints. In tägli­chen 15-minü­tigen Treffen bespre­chen die Team­mit­glieder mit dem Scrum-Master, was sie erreicht haben, wo es Probleme gibt und wie sie besei­tigt werden können.“

Am Ende jedes Sprints steht ein verkaufs­fer­tiges Teil-Produkt, das das Team dem Product Owner im Sprint Review Meeting vorstellt. Luise Räuchle: „Wenn das Ergebnis den Anfor­de­rungen entspricht, aktua­li­sieren wir die Einträge im Product Backlog oder passen sie an – etwa wenn sich die Kunden­an­for­de­rung zwischen­zeit­lich geän­dert hat oder eine neue Prio­ri­sie­rung erfor­der­lich ist. Dann kann der nächste Sprint starten.“

Simon Schnait­mann, Depart­ment Leader Digital Solu­tions bei Harro Höfliger, fasst zusammen: „Wesent­lich bei Scrum ist, dass die komplette Entwick­lungs­ar­beit eines Projekts wert­schöp­fend sein muss. Alles Über­flüs­sige wird wegge­lassen. Und das entspricht auch unserer Vorstel­lung von ziel­ge­rich­teter Digi­ta­li­sie­rung. Mit Pexcite, unseren dazu bereits verfüg­baren Lösungen und vielen weiteren, die noch folgen werden, gehen wir diesen Weg konsequent.“

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Fotos: Janine Kyofsky, Illus­tra­tion: Bernd Schifferdecker