BEST PRACTICE  

Insulin-Patch von CeQur: Die neue Freiheit

Mit dem einzig­ar­tigen Mahl­zeiten-Insulin-Patch Simpli­cityTM, könnte das Schweizer Unter­nehmen CeQur das Leben von Millionen Diabetes Typ 2-Pati­enten verän­dern. Das Device ist verblüf­fend einfach in der Hand­ha­bung, aber hoch­kom­plex im Aufbau. Ebenso wie die gigan­ti­sche Produk­ti­ons­linie, die Harro Höfliger dafür entwickelte.

Ein unbe­schwertes Essen mit Freunden, ein Feier­abend­um­trunk mit Häpp­chen, ein schneller Stopp beim Imbiss: Für die Meisten eine Selbst­ver­ständ­lich­keit. Für Typ 2 Diabetes-­Pati­enten, die neben lang­wir­kendem Basa­l­in­sulin zusätz­lich auf kurz­wirk­sames Mahl­zei­ten­in­sulin ange­wiesen sind, oft eine Heraus­for­de­rung. Speziell für diese Pati­enten soll das neuar­tige Mahl­zeiten-Insulin-Patch ­CeQur Simpli­city™ das Leben künftig einfa­cher machen. Es ist dünn und unter der Klei­dung nicht zu sehen. Es ist leicht, kaum zu spüren und einmal am Körper ange­bracht, bleibt es sicher und diskret bis zu drei Tagen an Ort und Stelle. Beim Essen genügt ein kurzer Klick und zwei Einheiten schnell wirkendes Insulin gelangen über eine weiche, flexible Kanüle schmerz­frei in den Körper. 

„Allein in den USA gibt es rund 27 Millionen Menschen mit diagnos­ti­ziertem Diabetes.“ Douglas Gunt­hardt,
Execu­tive Vice Presi­dent, CeQur

Der Zwei-Knopf-Dosier­me­cha­nismus verhin­dert eine verse­hent­liche Abgabe des Medi­ka­ments und ein hör- und spür­bares „Klick“ gibt dem Träger die Sicher­heit, dass er die Dosis korrekt verab­reicht hat. „Dieses Device ist einzig­artig. Es gibt auf dem Markt nichts Vergleich­bares“, schwärmt Douglas Gunt­hardt, Execu­tive Vice Presi­dent bei CeQur. „Und es ist so einfach zu hand­haben, dass Pati­enten inner­halb weniger Minuten damit umgehen können.“

Ein inno­va­tives Licht­kon­zept bringt in der riesigen Anlage Über­sicht: Grün beleuch­tete Maschi­nen­kom­po­nenten arbeiten korrekt, bei Rot besteht Hand­lungs­be­darf, unbe­leuch­tete Maschinen sind außer Betrieb.

Stopp auf der Zielgeraden

Die Idee zu dieser rich­tungs­wei­senden Lösung gibt es schon lange. Ursprüng­lich von einem Start-up entwi­ckelt, über­nimmt ein Global Player aus dem Gesund­heits­sektor im Jahr 2012 dieses kleine Unter­nehmen und inves­tiert in die ferti­gungs­taug­liche Gestal­tung des Device (Design for Manu­fac­tu­ring). Er führt auch mit 278 Pati­enten einen der damals umfang­reichsten klini­schen Tests für ein Diabe­tes­pro­dukt durch. Nach der FDA-Zulas­sung beauf­tragt das Unter­nehmen Harro Höfliger mit dem Bau einer semi-auto­ma­ti­schen Pilot-Fertigungsanlage.

In Puerto Rico instal­liert der Konzern die Pilot­line, welche Devices für bis zu 10.000 Pati­enten produ­zieren kann. Eine High-Volume-Linie für die Versor­gung von 80.000 Pati­enten ist bei Harro Höfliger und einem zweiten betei­ligten Maschi­nen­bauer schon im Aufbau, als sich der Auftrag­geber 2018 entscheidet, sich von seiner Diabetes-Medi­zin­technik-Sparte zu trennen. Das Projekt kommt zum Still­stand und die gigan­tische, fast fertig­ge­stellte Anlage wird erst einmal in den Dorn­rös­chen­schlaf versetzt.

Neue Hoff­nung für Millionen

CeQur, ein 2008 gegrün­detes Start-up mit Sitz in Horw, Schweiz, erkennt die Chance, die das Patch bietet, und sichert sich Mitte 2018 die welt­weite Lizenz für das Produkt. „Ein Blick auf die Zahlen in den USA zeigt, welches Poten­zial in dieser Lösung steckt“, erklärt Douglas Gunt­hardt: „Allein in den USA gibt es rund 27 Millionen Menschen mit diagnos­ti­ziertem Diabetes, Tendenz stei­gend. Circa 24,5 Millionen leiden unter Diabetes Typ 2 und rund fünf Millionen müssen ihrem Körper zusätz­lich zum Basal- auch Mahl­zei­ten­in­sulin zuführen.“ Als Bradley Paddock Mitte 2019 als Geschäfts­führer zu ­CeQur stößt, konzen­triert er schnell alle Anstren­gungen darauf, dieses Produkt auf den Markt zu bringen.

Das flache Patch verschwindet diskret unter der Klei­dung und bleibt bis zu drei Tagen an Ort und Stelle.

Aber auch psycho­lo­gi­sche Gründe spre­chen für Simpli­city™, wie CeQur das Patch nennt. „Anders als bei Typ 1-Pati­enten, die aufgrund einer gene­ti­schen Veran­la­gung oder einer Erkran­kung selbst kein Insulin erzeugen können, kann die Ursache bei Typ 2-Pati­enten neben erbli­cher Veran­la­gung auch in unge­sunder Ernäh­rung, Über­ge­wicht und Bewe­gungs­mangel liegen“, erklärt Gunt­hardt und fährt fort: „Diesen Pati­enten fällt ein offener Umgang mit ihrer Krank­heit oft schwer. Das Tragen einer Pumpe oder das Hantieren mit Spritzen und Pens bei der Einnahme von Mahl­zeiten stößt bei den Betrof­fenen daher häufig auf Skepsis und Ablehnung.“

Die Folge: Über die Hälfte der Pati­enten räumt ein, dass sie Insulin­dosen regel­mäßig aus unter­schied­li­chen Gründen ausfallen lassen, was zu schweren gesund­heit­li­chen Kompli­ka­tionen führen kann. „Diese Lücke füllt Simpli­city™. Es ist so diskret, dass sich Pati­enten schnell damit arran­gieren“, sagt Gunt­hardt. Schon beim Pilot­launch von CeQur ­Simpli­city™ in drei US-Bundes­staaten zeigten sich 95 Prozent der Nutzer sehr zufrieden mit dem Patch und 93 Prozent verwenden es lieber als Pens oder Spritzen.

Eine Produk­ti­ons­an­lage der Superlative

2021 gibt CeQur Harro Höfliger grünes Licht für die Fertig­stel­lung der einge­la­gerten, voll auto­ma­ti­sierten High-Volume-Anlage. Sie umfasst 30 Maschinen im Verbund. 28 davon kommen von Harro Höfliger, eine Blis­ter­form- und Stanz­ma­schine sowie eine Maschine zur Dicht­heits­prü­fung stammen von zwei befreun­deten Unternehmen.

„Eine Beson­der­heit der Linie ist neben der Größe ein intel­li­gentes Förder­band­system“, erklärt Gunt­hardt. „Es beför­dert die Werk­stück­träger mit zwei Metern pro Sekunde durch die Anlage und ermög­licht die Produk­tion von bis zu 40 Devices pro Minute.“ Die 30 Maschinen sind durch eine Förder­strecke von über 260 m verbunden, auf der 200 Werkstück­träger indi­vi­duell ange­steuert und bear­beitet werden.

Die Produk­ti­ons­an­lage für das Simpli­city™ Patch umfasst insge­samt 30 Maschinen. Sie sind durch ein 260 Meter langes intel­li­gentes Förder­system verbunden, auf dem 200 Werk­stück­träger in Sekun­den­schnelle durch die Anlage flitzen.

„Da ist in jeder Hinsicht Präzi­sion gefragt“, sagt Gunt­hardt und ergänzt: „Jedes Device besteht aus 39 Einzel­kom­po­nenten. Die Zufüh­rung der einzelnen Kompo­nenten sowie die Logistik und Posi­ti­ons­ge­nau­ig­keit der Werk­stück­träger waren nur einige der Heraus­for­de­rungen, die Harro-Höfliger-Experten mit Bravour gemeis­tert haben.“

Einige der Prozesse sind bewusst redun­dant umge­setzt, damit die Anlage während eines teil­weisen Ausfalls oder bei Wartungs­ar­beiten weiter­pro­du­zieren kann. Zusätz­lich sind Leer­stellen vorge­sehen, um die Linie auf 80 Devices pro Minute erwei­tern zu können.

Ein anspruchs­voller Umzug

Nicht ohne ist auch das Hand­ling der Giga-­Anlage: Die erste Vali­die­rung und Inbe­trieb­nahme erfolgte am Harro-Höfliger-Produk­ti­ons­standort Sattel­dorf. Im nächsten Schritt wird die komplette Anlage ausein­an­der­ge­baut und in die USA verschifft. Am CeQur-­Pro­duk­ti­ons­standort in Columbia, South Caro­lina wird der Maschi­nen­ver­bund wieder aufge­baut und nach erneuter Vali­die­rung voraus­sicht­lich Anfang 2023 in Betrieb genommen.

„Das Ganze ist ohne Partner wie Harro Höfliger gar nicht machbar“, sagt Douglas Gunt­hardt und bekräf­tigt: „Sie bringen nicht nur das Maschinen- und Prozess-Know-how mit, auch ihr Projekt- und ­Quali­täts­ma­nage­ment ist Weltklasse.“

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Fotos: CeQur SA, raff digital gmbh, Illus­tra­tion: ilonitta/Freepik