INNOVATION  

Asep­ti­sche Abfül­lung für Zelltherapien

Thera­pien für schwere Krank­heiten zu finden – dies treibt das Unter­nehmen Miltenyi Biotec seit über drei Jahr­zehnten an. Dafür setzt es unter anderem auf den wach­senden Bereich der Zell- und Gentherapien.

Köln, 1989: Der Physik­stu­dent Stefan Miltenyi hat eine geniale Idee. Er beschichtet kleine Eisen­par­tikel mit Anti­kör­pern und koppelt sie an die Rezep­toren bestimmter Zellen. Durch das Anlegen eines Magnet­feldes gelingt es ihm, diese Zellen aus einer Probe zu isolieren – die Geburts­stunde von „Magnetic Acti­vated Cell Sorting“, kurz MACS, das heute welt­weit in der biophar­ma­zeu­ti­schen und medi­zi­ni­schen Forschung zum Einsatz kommt.

Mit dieser Tech­no­logie legt Miltenyi den Grund­stein für sein eigenes Unter­nehmen Miltenyi Biotec, das er 1989 in Bergisch Glad­bach bei Köln gründet. Mehr als drei Jahr­zehnte später leitet er noch immer das Unter­nehmen, das seinen Namen trägt. Seitdem hat es sich zu einem Spit­zen­reiter im Bereich der Biotech­no­logie entwickelt.

Hoff­nung bei schweren Krankheiten

Etwa 4.700 Mitar­beiter sind welt­weit für Miltenyi Biotec aktiv, davon fast ein Viertel im Bereich R&D – die Leiden­schaft für neue Tech­no­lo­gien treibt das Unter­nehmen also immer noch genau so an wie damals den jungen Studenten. Miltenyi Biotecs erklärtes Ziel: Mit seinen Tech­no­lo­gien einen Beitrag zur Behand­lung von Krebs, Auto­immun- und neuro­de­ge­nera­tiven Krank­heiten zu leisten. So ist das Unter­nehmen beispiels­weise an klini­schen Studien rund um Zell- und Genthe­ra­pien betei­ligt. Diese Thera­pien könnten die Medizin revo­lu­tio­nieren, denn sie bieten auch bei schweren, bisher kaum heil­baren Krank­heiten großes Potenzial.

Zellen im Fokus

Bei Zell­the­ra­pien kommen lebende Zellen zum Einsatz, oft um beschä­digte oder defekte Zellen im Körper zu ersetzen. Dazu werden einem Spender oder dem Pati­enten Zellen entnommen, außer­halb des Körpers vermehrt und im Anschluss wieder verab­reicht. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die Stammzellentherapie.

Genthe­ra­pien hingegen zielen auf eine Adap­tion des gene­ti­schen Mate­rials ab. Eine fehler­hafte Gen-Sequenz kann dabei ersetzt oder repa­riert werden. Dafür bringt man DNA oder RNA in Körper­zellen ein. Vor dieser thera­peu­ti­schen Verab­rei­chung müssen die mani­pu­lierten Zellen eben­falls außer­halb des Körpers kulti­viert werden.

In beiden Feldern ist es also uner­läss­lich, die Zellen kontrol­liert zu vermehren. Nur so gibt es genü­gend Mate­rial für eine effek­tive Therapie. Diese Zell­ver­meh­rung steht auch im Mittel­punkt eines der aktu­ellen Projekte von Miltenyi Biotec.

„Da die Zell­pro­dukte Pati­enten verab­reicht werden, hat keim­freies Arbeiten oberste Prio­rität.”Reiko Jenner­jahn,
Manager Liquid Solu­tions bei Miltenyi Biotec

Steriles Befüllen von Beuteln

„Bei diesem Projekt geht es darum, Nähr­flüs­sig­keit für Zellen in Beutel abzu­füllen. ­Diese Flüs­sig­keit nutzt man später zur Unter­stüt­zung des Zell­wachs­tums“, erklärt Reiko ­Jenner­jahn, Manager Liquid Solu­tions bei Miltenyi Biotec. „Da die Zellen Pati­enten verab­reicht werden, hat keim­freies Arbeiten oberste Prio­rität. Bei unseren Recher­chen sind wir auf Harro Höfliger gestoßen, wobei uns die Erfah­rung in der sterilen Beutel­be­fül­lung hell­hörig gemacht hat. Im Mai 2022 haben wir Kontakt aufge­nommen und kurz darauf gemeinsam erste Abfüll­ver­suche durchgeführt.“

Maßgeschnei­derte Thera­pien, maßgeschnei­derte Anlage

So entstand eine Anlage, die etwa 360 Beutel in der Stunde asep­tisch füllt. Je nach Bedarf können bis zu drei Beutel­for­mate mit unter­schied­li­chem Volumen produ­ziert werden. Mehrere Maßnahmen sichern die Steri­lität während des gesamten Prozesses. Reiko Jenner­jahn: „Zum Beispiel werden die vorste­ri­li­sierten Beutel über eine VHP-Schleuse zuge­führt, was Keim­frei­heit sicher­stellt. Außerdem ist ein Isolator des Part­ners Franz Ziel inte­griert, der die Prozess­um­ge­bung abschirmt und kontrol­liert. Mehrere Beutel werden simultan befüllt, wobei ein Single-Use-System die Konta­mi­na­ti­ons­ge­fahr redu­ziert.“ Für exakte Ergeb­nisse sorgt auch die inte­grierte Wiege­funk­tion, welche eine Trend­re­ge­lung der Füll­sta­tion ermög­licht. Nach dem Befüllen werden die Beutel versie­gelt, gefolgt von einer 100 % Dich­tig­keits­prü­fung (Container Closure Inte­grity Testing; CCIT) von WILCO.

Die Anlage befüllt etwa 360 Beutel in der Stunde. Verschie­dene Maßnahmen. gewähr­leisten dabei Steri­lität. Unter anderem kommt erst­mals der neu entwi­ckelte Roboter Steric­lean+ von Stäubli zum Einsatz.

Mit ihren indi­vi­duell abge­stimmten Prozess­schritten ist die Anlage ein Muster­bei­spiel für baXeptic. Unter diesem Marken­namen bietet Harro Höfliger Lösungen für asep­ti­sche Beutel­an­wen­dungen. Reiko Jenner­jahn resü­miert: „Zell­the­ra­pien sind unter anderem so viel­ver­spre­chend, weil sie indi­vi­duell auf die Pati­enten abge­stimmt sind. Eine maßge­schnei­derte Anlage, um maßge­schnei­derte Behand­lungen zu ermög­li­chen – das passt perfekt zusammen.“

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