KNOW-HOW  

„Sicher ist sicher“

Bei der Herstel­lung hoch­wirk­samer oder toxi­scher Produkte braucht es maßge­schnei­derte Barriere­technik zum Schutz von Produkt, Bediener und Umwelt. Bern­hard Brugger, Aseptik- und Contain­ment-Experte bei Harro Höfliger, spricht über die Herausforderungen.

Ist es korrekt, wenn wir anstatt über Barrie­re­technik über Contain­ment reden?

Brugger: Nein, auch wenn das viel­fach gleich­ge­setzt wird. Ober­be­griff ist die Barrie­re­technik. Reden wir über Produkt­schutz, sind wir im Revier der Aseptik. Betrachten wir aber den Bediener- und Umwelt­schutz, dann sind wir beim Thema Contain­ment. Verwir­rung entsteht auch, weil wir im deut­schen Sprach­raum den Begriff Contain­ment nur für die Umhau­sung verwenden, im engli­schen wird darunter aber der gesamte Prozess inklu­sive Hand­ling und Schnitt­stel­len­pro­ble­matik verstanden.

Ist Harro Höfliger in beiden Feldern aktiv?

Ja, mit viel Enga­ge­ment seit Grün­dung unserer Abtei­lung im Jahr 2008. Schließ­lich kommen immer häufiger hoch­ak­tive Wirk­stoffe zum Einsatz, beispiels­weise bei der Krebs­the­rapie oder bei Hormon­be­hand­lungen. Unab­hän­gige Markt­for­scher rechnen mit einem jähr­li­chen Durch­schnitts­wachstum des HPAPI-Marktes (High Potency API) zwischen 2015 und 2022 von knapp 15 Prozent. Darin steckt also viel Poten­zial. Ande­rer­seits werden immer komple­xere Wirk­stoffe verar­beitet, die häufig nicht terminal steri­li­siert werden können und deshalb asep­tisch verar­beitet werden müssen.

Welche Themen bestimmen die Aseptik?

Bei asep­ti­schen Anlagen gibt es eindeu­tige Richt­li­nien wie die FDA Guidance „Sterile Drug Products Produced by Aseptic Proces­sing“ oder die EG-GMP Richt­li­nien. Grund­sätz­lich geht es um die asep­ti­sche Verar­bei­tung von sterilen Produkten: Keime, Viren und Sporen, also alle Arten von Verun­rei­ni­gungen, müssen vom Produkt fern­ge­halten werden. Wir reali­sieren Isola­toren, offene und geschlos­sene RABS (Rest­ricted Access Barrier System) mit inte­grierten Laminar-Flow-Systemen. Auch die Schnitt­stellen haben wir mit Rapid Transfer Ports oder aktiven und passiven Mouse­holes im Griff. Selbst­ver­ständ­lich beherr­schen wir auch komplexe Prozesse mit hohen Anfor­de­rungen an Tempe­ratur- und Feuchte­regelung sowie unter Schutz­gas­at­mo­sphäre. Wir haben beispiels­weise eine Anlage reali­siert, in der Cryo-Pellets unter Stick­stoff­at­mo­sphäre abge­füllt werden.

An einem Mock-up aus Holz (links) wird die Bedie­nung simu­liert. Die Erkennt­nisse werden in der Anlage (rechts) umgesetzt.

Welche Rolle spielt dabei der Mensch?

Eine Doppel­rolle. Denn er ist auf der Seite der Aseptik der Haupt­stör­faktor – denken Sie nur an Keime und Partikel wie Haut­schuppen, Klei­dungs­ab­rieb oder Schweiß­tropfen. Ande­rer­seits müssen wir ihn bei der Verar­bei­tung von hoch­ak­tiven Wirk­stoffen mit Contain­ment vor diesen Stoffen schützen.

Wie werden die Schutz­maß­nahmen festgelegt?

Ein wich­tiger, aber längst nicht der einzige Faktor ist der vorge­ge­bene OEL-Grenz­wert (Occu­pa­tional Expo­sure Limit), den es zu erfüllen gilt. Es gibt viele Fragen zu beant­worten. Welche Eigen­schaften hat das Produkt? Wie lange arbeitet der Bediener täglich an der Anlage? Wie viele Anteile vom Wirk­stoff sind im Endpro­dukt? Welche externen Schnitt­stellen hat der Prozess? Welche Eingriffs­mög­lich­keiten braucht der Bediener? Erst wenn das alles bekannt ist, können wir die Expo­si­ti­ons­wahr­schein­lich­keit bestimmen und gehen ans Design der Containment-Lösung.

Welche Werk­zeuge benutzen Sie dazu?

Selbst­ver­ständ­lich alle modernen Tools wie compu­ter­ge­stützte Konstruk­tion (CAD), nume­ri­sche Strö­mungs­me­chanik (CFD) und Virtual Reality. Wir bauen aber auch aus Holz ein Mock-up der kompletten Anlage. Damit simu­lieren wir die Bedie­nung. In teils mehr­tä­gigen Sequenzen werden vom Rüsten über die Fehler­be­he­bung bis zur Reini­gung alle denk­baren Prozess­schritte zusammen mit unseren Kunden nach­ge­stellt. Da feilen wir an ergo­no­mi­schen Details. So kann ein Bediener über die Hand­schuh­ein­griffe auch mit realis­ti­schen Gewichten hantieren und beur­teilen, ob das im Alltag hand­habbar ist.

Bern­hard Brugger, Depart­ment Leader Design & Deve­lo­p­ment Isola­tors & Contain­ment Systems bei Harro Höfliger,

verbrachte schon die Studi­en­zeit im Rein­raum. Mehrere Jahre Tätig­keit bei der Fraun­hofer-Gesell­schaft ebneten seinen Weg in Aseptik und Contain­ment. Nach mehreren Stationen in der Indus­trie – immer nah am Thema – kam er 2008 zu Harro Höfliger. Brugger grün­dete die Abtei­lung Barrie­re­technik und leitet heute ein Team von neun Mitarbeitern.

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Fotos: Harro Höfliger