Herr Dr. Dachtler, welche Bedeutung hat personalisierte Medizin für Sie?
Schätzungen zufolge bringen bis zu 60 Prozent aller heute verschriebenen Arzneimittel nicht den erwünschten therapeutischen Nutzen. Mit DiHeSys möchten wir einen Beitrag dazu leisten, das zu ändern. Personalisierte Therapien, die auf den individuellen Patienten abgestimmt sind, ermöglichen eine viel gezieltere Behandlung bei weniger Nebenwirkungen.
Beispielsweise hängt die optimale Wirkstoffmenge stark vom Körpergewicht ab. Zudem gibt es allein in Deutschland mehr als 13 Millionen Patienten, die jeden Tag mehr als drei verschiedene Arzneimittel einnehmen müssen. Oft handelt es sich um ältere Personen, die die Einnahme von Polymedikationen nur unzureichend kontrollieren und koordinieren können. Ein Ziel personalisierter Medizin ist darum auch die Herstellung individualisierter Kombinationsprodukte.
Wer profitiert neben den Patienten?
Durch die besseren Behandlungserfolge könnten Kosten für das Gesundheitssystem deutlich sinken. Auch Umweltschutz spielt eine Rolle, denn mit personalisierter Medizin werden nur noch die Medikamente hergestellt, die wirklich gebraucht werden, und das in einer exakt auf den Patienten abgestimmten Dosis. Die individuelle Dosierung wird den Therapieerfolg erhöhen und Pharmamüll drastisch reduzieren. Nicht zuletzt profitiert auch die Forschung: Klinische Studien können mit den Drucksystemen der personalisierten Medizin zukünftig schneller und gezielter ablaufen.

Personalisierte Medikamente ermöglichen eine patientenspezifische Dosierung und die Kombination verschiedener Wirkstoffe.
Welchen Beitrag liefert DiHeSys zur personalisierten Behandlung?
Im Mittelpunkt unserer Arbeit steht die individualisierte Produktion von gedruckten Arzneimitteln. Dabei setzen wir auf die personalisierte Herstellung von Dünnfilmen zur oralen Einnahme im 2D-Druck und Tabletten im 3D-Druck-Verfahren. Bei beiden Darreichungsformen können wir patientenspezifisch dosieren und mehrere Wirkstoffe in einem Arzneimittel kombinieren. Wir bieten ein Gesamtpaket, das Drucker, Rezepturen und Kartuschen, aber auch Software und Datenmanagement umfasst.
Haben Sie Ihre eigene Hardware entwickelt?
Gemeinsam mit Harro Höfliger entwickeln wir den FlexDosePrinter, einen pharmatauglichen Drucker, der Medikamente im 2D- und 3-Druck herstellen kann. Das Besondere an DiHeSys ist, dass wir für beide Verfahren alle Prozesse aus einer Hand anbieten können: Angefangen bei der Formulierungsentwicklung von wirkstoffhaltigen Tinten für 2D-Druck oder Filamenten für 3D-Druck über die Herstellung der Medikamente im FlexDosePrinter bis hin zur Nachlieferung von Verbrauchsstoffen wie Kartuschen.
Können Sie den Druck der Dünnfilme näher erklären?
Dabei werden sogenannte ODFs hergestellt, das steht für „Oral Dispersible Films“. Die Basis bilden Placebo-Träger, die wir mit einer Wirkstofflösung bedrucken, exakt in der vom jeweiligen Patienten benötigten Menge. Innerhalb des Druckers befindet sich auch eine Heizplatte: Nach dem Bedrucken sorgt sie dafür, dass das Lösungsmittel verdampft und der Wirkstoff zurückbleibt. Diese Methode eignet sich insbesondere bei gering dosierten Arzneimitteln, etwa Hormonen oder bestimmten Zytostatika.
Wie funktioniert der erwähnte 3D-Druck?
BU
Mit 3D-Druck können personalisierte Tabletten in jeder beliebigen Form hergestellt werden. Grundlage dafür sind druckbare, gut verträgliche Polymerfilamente mit eingebettetem Wirkstoff. Aus diesen Polymeren drucken wir die Tablette; wie bei den Dünnfilmen genau mit der vom Patient benötigten Menge an Wirkstoff. Dabei können wir auch größere Wirkstoffmengen verarbeiten, denn wir benötigen nur sehr wenige Hilfsstoffe. Zudem ist es möglich, durch das Drucken in verschiedenen Schichten mehrere Wirkstoffe in einer Tablette zu vereinen oder die Wirkstofffreigabe aus der Tablette den jeweiligen Bedürfnissen des Patienten anzupassen.
Welche Rolle spielt Datenmanagement für DiHeSys?
Derzeit arbeiten wir an Lösungen, um anonymisierte Behandlungsdaten für die personalisierte Medizin einzusetzen. Das Ziel: Nach Eingabe von Patientendaten wie Gewicht, Größe und gegebenenfalls Lebensgewohnheiten können Medikamente mit dem FlexDosePrinter beispielsweise direkt in der Klinik oder Apotheke hergestellt werden. Die Anbindung an Datenbanken und der Rückgriff auf Erfahrungswerte aus vergangenen Therapien bietet dabei große Chancen, um die besten Behandlungsmöglichkeiten zu finden. Übrigens spielen Daten schon heute eine enorme Rolle in der Medizin. So unterstützen etwa Computer im Bereich der Differentialdiagnose dabei, optimale Therapien zu finden.
Wieso haben Sie sich für Harro Höfliger als Partner für den FlexDosePrinter entschieden?

Der pharmataugliche FlexDosePrinter eignet sich für die Herstellung personalisierter Dünnfilme und Tabletten.
Mit unserem Plan, Pharmadrucker für personalisierte Arzneimittel zu bauen, haben wir Neuland betreten. Durch meine Funktion als Geschäftsführer der Gen-Plus in München, einem innovativen High-Tech Pharma-Entwicklungslabor, war mir Harro Höfliger bereits als zukunftsorientierter Sondermaschinenbauer bekannt, der die idealen Lösungen für unsere Anforderungen entwickeln würde. So haben wir bereits gemeinsam eine Maschine zur Herstellung von personalisierten Dünnfilmen mit integrierter Druckanlage entwickelt.
Darüber hinaus wussten wir, dass das Unternehmen Erfahrung im Bereich personalisierter Medizin mitbringt, beispielsweise bei der stückgenauen Dosierung von Mikrotabletten. Auch der Schwerpunkt auf Anlagen für pharmazeutische und medizintechnische Anwendungen hat uns überzeugt. So ist es gelungen, die hohen Ansprüche der medizinisch-pharmazeutischen Branche zu erfüllen; zugleich passen die kompakten Drucker auf jeden Tisch. Harro Höfliger hat sich sowohl durch sein pharmazeutisches Wissen als auch durch die persönliche und visionäre Art als idealer Partner für die Entwicklung des FlexDosePrinter erwiesen.
Was hält die Zukunft bereit?
Die Zukunft im Bereich personalisierter Medizin wird definitiv spannend. Momentan arbeiten wir bei DiHeSys beispielsweise an innovativen Drug Delivery Systemen: Tabletten, die verschiedene freigabegesteuerte Wirkstoffe enthalten. Jeder Wirkstoff wird genau dort im Körper freigesetzt und resorbiert, wo er am meisten gebraucht wird – und das natürlich individuell auf den einzelnen Patienten zugeschnitten.
Über DiHeSys
DiHeSys Digital Health Systems GmbH ist ein innovativer, digitaler Healthcare-Provider. Das Unternehmen entwickelt und fertigt informations- und verfahrenstechnologische Systeme, um Patienten den Zugang zu personalisierten Arzneimitteln zu eröffnen.
Die Produkte und Dienstleistungen optimieren die Arzneimittelversorgung der Patienten in allen Bereichen (Prävention, Diagnostik, Behandlung und Therapieerfolg). Hierfür bietet DiHeSys seinen Kunden mit dem FlexDosePrinter ein Herstellungssystem für individualisierte Medizin im 2D- und 3D-Druck, von der drucktauglichen Wirkstoffformulierung bis hin zur Produktion personalisierter Medikamente.
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Fotos: DiHeSys, Helmar Lünig