INNOVATION  

Mikro­na­del­pflaster gegen den Schmerz

Auf den ersten Blick scheint es ein gewöhn­li­ches selbst­kle­bendes Pflaster zu sein. Das Beson­dere offen­bart sich darunter: ein Metall­plätt­chen, bestückt mit über 1.900 Mikro­na­deln. Geht es nach Zosano, sollen Pati­enten mit ihrer Hilfe bald syste­misch wirkende Medi­ka­mente – etwa gegen Migräne – über die Haut verab­reicht bekommen.

Das kali­for­ni­sche Biopharma-Unter­nehmen ­Zosano Pharma zählt zu den Pionieren auf dem Gebiet der intrader­malen Verab­rei­chung von Medi­ka­menten mithilfe von MAPs (Micro­array Patches). Diese Mikro­na­del­sys­teme dringen in die oberste Haut­schicht ein. Von dort können die Wirk­stoffe schneller in den Blut­kreis­lauf gelangen als bei oraler Verab­rei­chung. Für die Anwen­dung hat Zosano ein eigenes Device entwi­ckelt: ein intra­ku­tanes Mikronadelsystem.

Applikator_Zosano_Harro

Vor der Anwen­dung lässt man den äußeren Ring des Devices am wieder­ver­wend­baren Appli­kator einrasten.

„Das Kern­stück unserer Tech­no­logie bilden fast 2.000 mikro­sko­pisch kleine Nadeln aus Titan, die mit Wirk­stoff­for­mu­lie­rung beschichtet sind“, erklärt Hayley Lewis, Senior Vice Presi­dent of Opera­tions bei Zosano Pharma. „Das Pflaster ist etwa so groß wie eine Zwei-Euro-Münze und wird mithilfe eines mehr­fach verwend­baren Appli­ka­tors auf die Haut aufge­bracht. Um die Anwen­dung so bequem und sicher wie möglich zu machen, ist das Mikro­na­del­pflaster in zwei Kunst­stoff­ringe montiert. Der Patient lässt den äußeren Ring am Appli­kator einrasten. Einmal auf die Haut gedrückt, bringt der Appli­kator das Pflaster mit einer exakt defi­nierten Kraft auf, während der Ring am Appli­kator verbleibt.“

Neue Prozesse, präzise Mechanik

In der obersten Schicht der Cutis, der Epidermis, löst sich die Beschich­tung auf und der Wirk­stoff ist rasch verfügbar. „Unser mit einem Triptan beschich­tetes Pflaster zur akuten Schmerz­be­hand­lung bei Migräne, für das wir Ende 2019 bei der FDA die Arznei­mit­tel­zu­las­sung bean­tragt haben, kann bereits nach 30 Minuten entfernt und entsorgt werden. Die Trage­dauer ist deut­lich kürzer als die von tradi­tio­nellen trans­der­malen Systemen. Diese haben über­dies den Nach­teil, dass die Wirk­stoff­ab­gabe typi­scher­weise langsam sowie inef­fi­zient erfolgt“, sagt Hayley Lewis.

Ein inno­va­tives Device wie das intra­ku­tane Mikro­na­del­system machte eine Viel­zahl neuar­tiger Prozesse bei der Herstel­lung notwendig. Beispiels­weise musste eine Beschich­tungs­tech­no­logie gefunden werden, um winzige Mengen an Formu­lie­rung auf jede einzelne Mikro­nadel aufzu­bringen. Für die Entwick­lung und die Skalie­rung kam Harro Höfliger mit seiner Erfah­rung mit Mikro­na­del­sys­temen und bei Dosier­pro­zessen in Mikro­mengen ins Spiel. Hayley Lewis: „Eine Mikro­struktur misst nur rund 340 µm – für eine gleich­mä­ßige, akku­rate Beschich­tung mit Wirk­stoff braucht es präzise Mechanik und High-End-Kontroll­sys­teme. Unser erster gemein­samer Meilen­stein war ein Coater im Labor­maß­stab für das Proof-of-Prin­ciple (PoP). Harro Höfliger hat das Prinzip einer rotie­renden Walze, die einen dünnen Wirk­stoff­film produ­ziert, dann für eine höhere Ausbrin­gung skaliert.”

„Harro Höfliger und ­Zosano sind Pioniere dieser neuen ­Tech­no­logie.“Hayley Lewis, Senior Vice Presi­dent of Opera­tions bei Zosano Pharma

Die voll­au­to­ma­ti­sche Anlage von Harro Höfliger beschichtet nicht nur bis zu zwölf Produkte pro Minute in einer Low-Bioburden-Umge­bung, sondern über­nimmt auch die Endmon­tage der Devices und verpackt sie einzeln in stick­stoff­ge­spülte Becher aus Folie. Pflaster, innerer Ring und Mikro­na­del­ele­ment werden vormon­tiert in röhren­för­migen Behäl­tern zuge­führt. Diese Behälter gelangen mithilfe einer Walking-Beam-Konstruk­tion zu Robo­tern, welche die Kompo­nenten entnehmen und für die Folge­pro­zesse zur Verfü­gung stellen.

Ein weiteres Robo­ter­system verteilt die Kompo­nenten auf vier Beschich­tungs­sta­tionen. Dort werden die Mikro­na­deln in mehreren Durch­gängen mit kontrol­lierter Tiefe und Geschwin­dig­keit in die Formu­lie­rung getaucht. Eine hoch­auf­lö­sende Kamera über­prüft danach, ob alle Nadeln intakt sind und gleich­mäßig beschichtet wurden. Nach dem Beschichten wird jede Kompo­nen­ten­gruppe in den äußeren Ring einge­presst und das Ganze zum Formen, Befüllen und Versie­geln der Alumi­ni­um­ver­pa­ckungen zu einer indi­vi­duell ange­passten SSP2 Blis­ter­ma­schine transportiert.


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Nach dem Formen der Becher wird eine Kunst­stoff­schale einge­sie­gelt, in die das Device richtig orien­tiert einge­setzt wird. Es folgen das Bedru­cken der Deck­folie, Spülen mit Stick­stoff, Siegeln und Ausstanzen. Qualität und Nach­ver­folg­bar­keit spielen eine große Rolle: Die Produkte laufen auf vier sepa­raten Bahnen aus – für jede Beschich­tungs­sta­tion eine.

„Harro Höfliger geht an Prozesse und tech­ni­sche Heraus­for­de­rungen äußerst sorg­fältig heran. Wir arbeiten seit langem eng und erfolg­reich zusammen und haben viel erreicht“, sagt Hayley Lewis. „Als Pioniere in dieser Tech­no­logie haben wir gemeinsam unser Verständnis dafür stetig weiter­ent­wi­ckelt. Es ist immer ein Dialog, nie eine einsei­tige Kommunikation.“

Zosano

Über Zosano

Zosano_Das biophar­ma­zeu­ti­sche Unter­nehmen Zosano Pharma Corpo­ra­tion mit Sitz in Fremont, Kali­for­nien ist spezia­lisiert auf die syste­mi­sche Verab­rei­chung von Arznei­mitteln mithilfe seiner selbst­ent­wi­ckelten ­intra­ku­tanen Mikro­na­del­pflaster-Tech­no­logie. Zosano konzen­triert sich auf die Entwick­lung von Produkten, bei denen eine schnelle Verab­rei­chung von als sicher und wirksam bekannten Substanzen von Vorteil für Pati­enten ist.

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Fotos: Zosano Pharma, Grafik: shutterstock.com/Tatiana Barinova